Dienstag, 7. Mai 2013

Blütenlese Tollwut: Achtung, Ratten!



In der Region Nürnberg wurde kürzlich ein Fuchs in einem Wohngebiet beobachtet (und fotografiert), der keine Scheu vor Menschen zeigte, sichtlich krank war und auch noch Schaum am Schnäuzchen hatte. Ein lokales Online-Medium berichtete darüber und breitete bei der Gelegenheit gleich eine ganz neue Theorie über Tollwut aus: Der Erreger werde von Ratten auf den Fuchs übertragen.

Ratten als Tollwutüberträger? Sehen wir doch mal nach, was das Robert-Koch-Institut zu Tollwutüberträgern mitteilt:

"Träger des klassischen Tollwutvirus waren in der Vergangenheit in unseren Breiten hauptsächlich wild lebende Tiere (Füchse, Dachse, Marder, Rehe) und bei den Haustieren Weidetiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde) sowie Hunde und Katzen. Die häufigste Infektionsquelle der Tiere ist der Fuchs, der das hauptsächliche Virusreservoir darstellt. Hunde und Katzen spielen vor allem als Expositionstiere für den Menschen eine wichtige Rolle. Nagetiere (z. B. Eichhörnchen, Ratten und Mäuse) haben als Reservoir grundsätzlich keine Bedeutung." (Hervorh. MP)


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Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Fuchs im Nürnberger Umland tatsächlich Tollwut hatte. (*) Vermutlich war es Staupe; sie wütet seit längerem unter Wildkarnivoren. Ihre Symptome können der Tollwut ähneln.

Zu Staupe bei Wildtieren und Hunden hat neulich ein österreichischer Veterinär auf einer Jäger-Website eigentümliche Ansichten verkündet. Staupe sei - bei ungeimpften Hunden - zu fast 100 Prozent tödlich. Woher hat er das? Aus veterinärmedizinischen Fachbüchern jedenfalls nicht. An Staupe sterben 50 bis 80 Prozent der betroffenen Welpen und Junghunde. Bei ausgewachsenen Tieren ist die Sterblichkeitsrate geringer. "Fast 100 Prozent" beträgt sie jedenfalls weder bei Welpen noch bei adulten Tieren. Wäre die Mortalität dieser sehr ansteckenden Krankheit tatsächlich so hoch, wie er behauptet, gäbe es die Streunerpopulationen in südlichen Ländern längst nicht mehr, die Hunde wären schlicht und ergreifend ausgestorben.


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Das Problem der Staupe bei Wildtieren nimmt unser wackerer Veterinär aus Österreich natürlich auch zum Anlass, gegen die angebliche Impfmüdigkeit "vieler" Tierbesitzer zu wettern. 

Deutlich entspannter äußerte sich ein Tierarzt in Südbaden. Auch dort tritt Staupe unter Wildtieren auf, und in einem Amtsblatt der Region wurde dazu aufgerufen, Hunde deshalb nur noch an der Leine zu führen. Das ist nach Meinung des Veterinärs übertrieben. Die Impfquote bei Hunden betrage schätzungsweise 90 Prozent, und damit gebe es "einen sicheren Schutz in der Hundepopulation".




(*) Falls jemand es noch nicht mitgekriegt hat: Deutschland hat seit Herbst 2008 den WHO-Status tollwutfrei. Der letzte Fall von Fuchstollwut war im März 2006. Alle Nachbarländer sind ebenfalls tollwutfrei, bis auf Polen (östliche Landesteile).



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